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30 years of independence: which country is more successful – the Czech Republic or Slovakia?

30 Jahre Unabhängigkeit: Welches Land ist erfolgreicher – die Tschechische Republik oder die Slowakei?

Nach der reibungslosen Teilung der Tschechoslowakei in zwei getrennte Staaten wählten diese sehr unterschiedliche Wege in die Zukunft. Während die Tschechische Republik sofort der schrittweisen Integration entgegenging, aber vor dem Schritt der Einführung des Euro stehen blieb, isolierte sich die Slowakei zunächst, bis sie sich dann mit großem Enthusiasmus in die Integration stürzte. Was passierte in den letzten 30 Jahren und welches Land ist heute erfolgreicher? 


  • By Helena Horska & Robert Prega
  • Market Trends

Auch wenn sich einige Menschen noch immer nicht mit der Teilung der Tschechoslowakei in zwei getrennte Staaten abgefunden haben, schätzen die meisten die reibungslose Teilung der beiden Länder und ihre dadurch gegebene Vorbildwirkung. Selbst die eigentliche Teilung des Staates, seines Vermögens und der Landeswährung wurde ohne größere Verwerfungen auf den damals noch jungen Finanzmärkten erfolgreich vollzogen. Doch wohin haben die Wege der beiden Länder seither geführt?

Über Bewunderung und Neid

Nach der Teilung wählten die beiden Länder jeweils sehr unterschiedliche Wege. Dennoch kreuzten sich diese im Jahr 2004 erneut, als sie zusammen mit anderen Ländern der Europäischen Union beitraten. Die Tschechische Republik wählte von Anfang an den Weg der schrittweisen Integration und orientierte sich an den marktwirtschaftlichen Grundsätzen des „Westens”, blieb aber vor dem entscheidenden Schritt der Einführung des Euro stehen. Die Slowakei isolierte sich zunächst schrittweise, was sich nachteilig auf die Wirtschaft, die Lebensbedingungen und den Wohlstand des Landes auswirkte. Nach schlechten Erfahrungen mit der internationalen Isolation stürzte sie sich jedoch anschließend mit großem Enthusiasmus in die Integration. Der Einführung des Euros gingen jedoch beispiellose Reformbemühungen unter dem damaligen Ministerpräsidenten Mikulas Dzurinda und seiner Regierung voraus, die in der Tschechischen Republik noch immer mit Bewunderung und ein wenig Neid betrachtet werden.  

Dank außerordentlicher Reformanstrengungen ist es der Slowakei gelungen, die ungünstige Entwicklung der Wirtschaft umzukehren, die mit einem Rückgang der relativen Wirtschaftskraft, zweistelliger Arbeitslosigkeit, einer Schwächung der Landeswährung und hoher Inflation einherging. Im Gegensatz dazu haben der EU-Beitritt und die anschließenden Reformbemühungen, die in der erfolgreichen Einführung des Euro endeten, die slowakische Wirtschaft angekurbelt und erhebliche ausländische Investitionen angezogen. Diese Investitionen trugen zu Kapitalzuflüssen, zur Modernisierung der Wirtschaft und zur Neuausrichtung der Slowakei auf westliche Märkte bei. Sie ermöglichten auch, dass die Slowakei nicht nur die Tschechische Republik, sondern die ganze Welt bei der Zahl der pro Kopf produzierten Autos übertraf.

Vor allem dank der Marktreformen – und weniger wegen der Einführung des Euros – begann die Slowakei zur Tschechischen Republik aufzuschließen. Dennoch war der anfängliche Unterschied groß, und nach Angaben der Weltbank war das Pro-Kopf-BIP in der Tschechischen Republik 1993 etwa 1,5-mal höher als in der Slowakei. Im Laufe der Zeit gelang es der Slowakei jedoch, aufzuholen, und im Jahr 2010 war es nur noch etwa 1,15-mal so hoch. Die Wachstumsrate nimmt jedoch logischerweise mit zunehmendem Wohlstand ab. Im Jahr 2021 war das Pro-Kopf-BIP in der Tschechischen Republik immer noch etwa 1,1-mal so hoch. Damit behält die Tschechische Republik den Vorsprung beim wirtschaftlichen Niveau (Lebensstandard) unter allen Ländern des ehemaligen Ostblocks, inklusive Slowenien.

Das Preisniveau in der Slowakei hat sich im Vergleich zum Tempo der Konvergenz des wirtschaftlichen Niveaus des Landes relativ schnell dem “westlichen Niveau” angenähert, und sogar schneller als in der Tschechischen Republik mit einer dauerhaft niedrigeren Arbeitslosenquote. Während das durchschnittliche Preisniveau in der Tschechischen Republik seit der Teilung um 350 % gestiegen ist, hat es sich in der Slowakei um 430 % erhöht. Die schnellere Wachstumsrate der slowakischen Durchschnittslöhne (rund 710 % gegenüber 680 % in der Tschechischen Republik) konnte den Anstieg der slowakischen Lebenshaltungskosten nicht ausgleichen.

Selbst während der globalen Finanzkrise gelang es der tschechischen Wirtschaft, den Lebensstandard sowohl von Portugal als auch von Griechenland zu übertreffen, die von ihrer eigenen Schuldenkrise – die den Rest der Europäischen Währungsunion beeinflusste – gnadenlos getroffen wurde. Darüber hinaus hat die Tschechische Republik im Jahr 2018 auch den Lebensstandard Spaniens übertroffen. In den 30 Jahren seit der Unabhängigkeit der Tschechischen Republik hat sich der Lebensstandard fast verdreifacht.

Die Tschechische Republik hat es außerdem geschafft, eine weitere Vorrangstellung für lange Zeit zu behalten – sie hat die niedrigste Arbeitslosenquote in der gesamten EU. Die Slowakei hingegen belegte zu Beginn dieses Jahrtausends und erneut nach der globalen Finanzkrise die unteren Ränge der europäischen Länder mit einer der höchsten Arbeitslosenquoten.

Unemployment rate

“Jeder Vergleich der Entwicklung der tschechischen und slowakischen Wirtschaft bedeutet einen Vergleich der Tschechischen Republik ohne Euro und der Slowakei mit Euro. Dieser Vergleich endet immer in einer Patt-Situation. Die Einführung des Euros in der Slowakei kann nicht von den Reformen, die ihr vorausgingen, getrennt werden, und der Euro selbst ist keine Garantie für Wohlstand sowie kein Allheilmittel.”

Helene Horská, Chief Economist der Raiffeisen Bank

Obwohl die beiden Länder 30 Jahre einen gemeinsamen Staat, einen Präsidenten, eine Währung und eine Zentralbank teilten, verfügten sie über grundlegend unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen. Zudem musste die Slowakei, um überhaupt in die Währungsunion aufgenommen zu werden, umfangreiche wirtschaftliche und politische Reformen durchführen. Das Beispiel der Tschechischen Republik und der Slowakei als repräsentativen Fall für den Vergleich der Vor- und Nachteile der Einführung der gemeinsamen Währung, des Euros, heranzuziehen, wäre daher nicht sinnvoll. Die Einführung des Euros in der Slowakei kann nicht von den Reformen, die ihr vorausgingen, getrennt werden. So kann die Entwicklung der Slowakei nach der Einführung des Euros nur im Lichte der äußeren Umstände (globale Finanzkrise, Eurokrise, Pandemieschock), der durchgeführten (aber auch später verfeinerten) Reformen und schließlich der Auswirkungen der gemeinsamen Währung bewertet werden.

Prague and Bratislava

Positiver Wandel, Wachstum und künftige Herausforderungen

Beide Länder haben in den letzten 30 Jahren einen weiten Weg zurückgelegt. Sie haben sich nicht nur vollständig an die westlichen demokratischen Strukturen angepasst und in diese integriert, sondern auch für einen höheren Lebensstandard und eine höhere Lebensqualität gesorgt. Der Lebensstandard in der Slowakei hat sich im Vergleich zu damals vervierfacht und in der Tschechischen Republik fast verdreifacht. Die Kaufkraft der Haushalte hat sich in der Tschechischen Republik mehr als verdreifacht (350 %) und in der Slowakei mehr als verdoppelt (280 %). Die durchschnittliche Lebenserwartung der schechischen Einwohner ist um mehr als fünf Jahre gestiegen und die der slowakischen um mehr als vier Jahre. Die Kindersterblichkeit ist in der Tschechischen Republik um drei Viertel und in der Slowakei um mehr als die Hälfte gesunken.

Auch an der Verbesserung der Umwelt wurde gearbeitet: Energieverbrauch und Kohlendioxidemissionen haben sich in beiden Ländern etwa halbiert. Beide Länder verfügen über ein besseres Bildungsniveau, wobei in der Tschechischen Republik die Zahl der Studierenden etwas schneller gestiegen ist. Die tschechische Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist jedoch in letzter Zeit stark angestiegen, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus (42 % des BIP in der Tschechischen Republik und 63 % des BIP in der Slowakei).

Die beiden Länder stehen nun vor neuen Herausforderungen. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Automobilindustrie, insbesondere im Falle der Slowakei, sind die Länder mit der Notwendigkeit einer weiteren wirtschaftlichen Umgestaltung konfrontiert. Auch die energieintensiven Sektoren, die hier noch stark vertreten sind, werden vor Herausforderungen gestellt. Die einzige Möglichkeit, das strukturelle und damit langfristig nachhaltige Wachstum beider Volkswirtschaften zu steigern, besteht darin, moderne Wirtschaftszweige zu entwickeln, Lieferketten zu diversifizieren, das Bildungswesen an die Anforderungen der heutigen Zeit anzupassen, Investitionen in moderne und nachhaltige Technologien zu fördern und sich mit der alternden Bevölkerung und der damit verbundenen Belastung der öffentlichen Haushalte auseinanderzusetzen.

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